Verkehrsberuhigung in den Durchgangsstraßen

|  Emmingen-Liptingen

Der Wunsch nach Geschwindigkeitsreduzierungen

Immer wieder wenden sich Bürgerinnen und Bürger aus beiden Ortsteilen an die Gemeindeverwaltung für eine Geschwindigkeitsreduzierung in den Durchgangsstraßen.

Bisher gilt in den Durchgangsstraßen, abgesehen von den Bereichen bei den Schulen, die auf 30 km/h reduziert wurden, die innerörtliche Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Da es immer wieder zu gefährlichen Situationen kam und auch schon Haustiere überfahren wurden, wird immer wieder der Wunsch nach einer Temporeduzierung vorgebracht.

 

Wie sieht die Rechtslage aus?

Die Gemeinde Emmingen-Liptingen kann nicht selbst über die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf diesen Straßen entscheiden. Zuständig für die Anordnung einer solchen Beschilderung ist das Landratsamt Tuttlingen als untere Verkehrsbehörde. Die Durchgangsstraßen sind keine Gemeindestraßen, sondern Bundes-, Landes- oder Kreisstraßen. Um die zulässige Höchstgeschwindigkeit zu reduzieren, bedarf es einer sogenannten Rechtsgrundlage, die sich aus der Straßenverkehrsordnung (StVO) ergibt.

 

Für Ortsdurchfahrten bedeuten die Einschränkungen der StVO, dass Tempolimits aus Gründen der Verkehrssicherheit nur dann angeordnet werden können, wenn eine konkrete Gefahrenlage vorliegt und ein über das normale Maß hinausgehendes Unfallrisiko besteht und es keine andere Möglichkeit gibt, die Verkehrssicherheit zu verbessern. Eine Gefahrenlage besteht auch, wenn eine Unfallhäufung vorliegt.  Eine pauschale Beschränkung ist nicht möglich.

 

Eine solche besondere Gefahrenlage oder gar Unfallhäufung liegt in den Durchgangsstraßen in Emmingen-Liptingen nicht vor.

 

Auch aus Lärmschutzgründen kann eine Geschwindigkeitsreduzierung angeordnet werden. Grundlage hierfür sind unter anderem die Lärmaktionskarten der LUBW, die im Internet abrufbar sind. Dort sind unter anderem Hauptverkehrsstraßen kartiert mit mehr als 3 Mio. Kfz pro Jahr, was 8.200 Fahrzeugen pro Tag entspricht.

 

Von diesen Werten ist das Verkehrsaufkommen in Emmingen-Liptingen weit entfernt. Zuletzt hat eine Messung der Fahrzeuge in der Witthohstraße gezeigt, dass der Tageshöchstwert von 700 Fahrzeugen pro Fahrtrichtung nicht überschritten wurde.

 

Auch die vorhandenen Lärmwerte können also nicht als Grundlage für eine Geschwindigkeits-reduzierung herangezogen werden.

 

Das bedeutet, dass es keine Rechtsgrundlage gibt, um die zulässige Höchstgeschwindigkeit zu reduzieren, unabhängig davon, ob das Tempolimit auf 30 oder 40 km/h oder nur zeitweise reduziert werden soll.

 

 

Warum wird nicht einfach mehr geblitzt oder ein stationärer Blitzer installiert?

 

Zuständig für die Geschwindigkeitsüberwachung ist der Landkreis Tuttlingen, dessen Messteam immer wieder auch in Emmingen-Liptingen Geschwindigkeitsmessungen vornimmt. Über die gemessenen Geschwindigkeiten wird üblicherweise zweimal im Jahr im Mitteilungsblatt berichtet.

 

Es zeigt sich dabei immer wieder, dass einige Verkehrsteilnehmer zu schnell unterwegs sind, allerdings wird das Bild dadurch verzerrt, dass sich Autofahrer gegenseitig per Lichthupe warnen, in WhatsApp-Gruppen benachrichtigen oder über Radio über die Messstandorte informiert werden und dann bewusst das Tempolimit einhalten, was sie ansonsten vielleicht nicht tun würden.

 

Für die Einrichtung eines stationären Blitzers hat sich der Kreistag des Landkreises selbst folgende Vorgaben gegeben: ab einer Verkehrsmenge von 4.000 Fahrzeugen/24 h kann auf Antrag der Kommune eine stationäre Geschwindigkeitsmessanlage installiert werden, wenn sich die Gemeinde an den Kosten beteiligt. Abweichend hiervon kann bei einer Verkehrsmenge zwischen 1.500 und 4.000 Kfz/24h ein Messplatz eingerichtet werden, wenn bei drei verschiedenen verdeckten Geschwindigkeitsmessungen ein V-85-Wert von 65 km/h und mehr ermittelt wurde. Der V-85-Wert ist der Geschwindigkeitswert, der von 85% der gemessenen Fahrzeuge eingehalten und von 15% der Fahrzeuge überschritten wurde.

 

Diese Kriterien wurden bei der Gemeinde Emmingen-Liptingen bisher noch nirgends auch nur ansatzweise erfüllt.

 

Gegenüber dem Landkreis hat die Gemeindeverwaltung schon angeregt, die kompletten Kosten für eine stationäre Messanlage zu übernehmen. Unter Verweis auf die genannten Kriterien wurde dies bisher abgelehnt. Auch die Möglichkeit einer privaten Betreiberfirmen für solche Messanlagen wurde schon ins Spiel gebracht. Aufgrund der doch recht niedrigen Verkehrszahlen und der damit einhergehenden niedrigen Zahl an Geschwindigkeitsüberschreitungen sind die Standorte in Emmingen-Liptingen für solche Firmen aber nicht interessant.

 

 

Was kann die Gemeinde tun, um Unfälle zu verhindern?

 

Die Gemeindeverwaltung hat an wechselnden Standorten ihre Geschwindigkeitsanzeigegeräte im Einsatz, die die Geschwindigkeit der Verkehrsteilnehmer ermittelt und anzeigt. Die Rückmeldung der Anwohner sind dabei sehr positiv. Zumindest für eine gewisse Zeit fahren die Verkehrsteilnehmer tatsächlich langsamer, wenn die Anzeigegeräte installiert sind. Allerdings wird auch berichtet, dass sich dieser Effekt nach einer gewissen Zeit abnutzt, so dass es Sinn macht, die Geräte immer wieder an anderen Stellen einzusetzen.

 

Immer wieder werden Einbauten vorgeschlagen, also Bremshubbel oder Verschwenkungen. Die Bremshubbel führen tatsächlich dazu, dass Fahrzeuge abbremsen, allerdings geht damit eine Lärmbelästigung einher, vor allem bei leeren LKW ist ein deutlich hörbares Scheppern mit solchen Straßenunebenheiten verbunden. Auch im Winterdienst führen Bremshubbel zu Problemen.

 

Verschwenkungen sind bereits in verschiedenen Straßen der Gemeinde Emmingen-Liptingen installiert. Diese führen aber nur bei Gegenverkehr zu einer Verlangsamung. Die Installation ist nicht einfach, da auf die Lage von privaten Zufahrten geachtet werden muss.

 

Ohnehin gilt grundsätzlich gilt § 1 der StVO: Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

 

Die Gemeinde Emmingen-Liptingen kann also nicht verhindern, dass es zu gefährlichen Situationen kommen kann, wenn Verkehrsteilnehmer die zulässige Geschwindigkeit nicht einhalten.

 

Es muss auch berücksichtigt werden, dass viele Anwohner und Verkehrsteilnehmer den Wunsch nach einer Temporeduzierung in den Durchgangsstraße nicht teilen.

 

Die Gemeindeverwaltung wird die Entwicklung des Verkehrsaufkommens weiterhin im Blick behalten und steht ohnehin im regelmäßigen Austausch mit der unteren Verkehrsbehörde des Landkreises Tuttlingen.